Was wir nun brauchen!

Verfasser des Papiers: Alexander Vogt (MdL), Hendrik Bollmann (Vorsitzender SPD Herne), Michelle Müntefering (MdB), Udo Sobieski (SPD-Fraktionsvorsitzender im Stadtrat)

Diskussionsbeitrag der Herner Sozialdemokratie zur aktuellen Krisensituation

Die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger an Politik sind in diesen Zeiten groß. Politik muss sich wiederum ihrer Verantwortung bewusst sein. Diese Verantwortung nehmen wir als Herner Sozialdemokratie geschlossen an. 

Dieses Positionspapier fasst für uns Orientierungslinien für Maßnahmen zusammen, die unserer Ansicht nach in der kommenden Zeit wichtig sind. Es ist ein Debattenbeitrag zu den Beratungen in Bundestag, Landtag und Stadtrat.

 

 

Bundeskanzler Scholz führt Deutschland und Europa sicher durch unruhiges Fahrwasser

  • Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg auf die Ukraine stellt Deutschland und Europa in Zeiten des Klimawandels vor massive Herausforderungen. Der russische Präsident Putin ist der Auslöser der Krise, deren Folgen wir aktuell zu bewältigen haben. Denn: Die demokratische und friedliche Verfasstheit Europas, ist keine Nebensächlichkeit, sondern die Grundlage für den Wohlstand des Kontinents. Für sie treten wir entschlossen ein.

  • Olaf Scholz hat in der Krise den richtigen außenpolitischen Kompass gezeigt: Robuste Unterstützung der Ukraine auf der einen Seite und Verhinderung einer militärischen Eskalation des Konflikts auf der anderen Seite. Diese Linie halten wir nach wie vor für richtig.

  • Besonders wichtig: es bedarf nun von der Politik zügige Entscheidungen und schnelle Hilfen.

 

Bevölkerung entlasten, Arbeitsplätze schützen, Missbrauch verhindern

  • Die Entlastung der Bürgerinnen und Bürger muss auf breiter Linie erfolgen. Neben weiteren finanziellen Entlastungen auch für bisher nicht berücksichtigte Gruppen, wie Studierende und RentnerInnen, sprechen wir uns für dafür aus, dass Bund und Land effektive Instrumente entwickeln, um Bürgerinnen und Bürger vor den Folgen zu schützen. Ein Energiepreisdeckel, der den Grundbedarf der Haushalte mit dem Preisniveau des vergangenen Winters schützt, kann hierzu ein Instrument sein. Kurzfristige Zahlungsausfälle durch die gestiegenen Energiepreise dürfen nicht zu automatischen Stromsperren führen.

  • Die Gasumlage in ihrer bisher vorgeschlagenen Form muss verbessert werden. Sie stützt mit Geldern der Verbraucherinnen und Verbraucher Konzerne, die im Rahmen der Krise ins Wanken geraten sind. Diese Gasumlage setzt viele Haushalte noch einmal unter verstärkten Druck hinsichtlich der Energiepreise. Diese Umlage ist jedoch nicht dazu gedacht worden, um Unternehmensbilanzen zu verbessern, sondern grundlegende Infrastruktur zu retten. Dass nach aktuellem Stand Unternehmen profitieren würden, bei denen keine existenzielle Bedrohung von der aktuellen Lage auszugehen scheint, ist nicht vermittelbar. Hier müssen dringend entsprechende Verbesserungen vorgenommen werden.

  • Gerade in diesen schwierigen Zeiten setzen wir uns dafür ein, die politischen Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass auch wirtschaftliche Stabilität garantiert bleibt – denn wir brauchen die innovativen Ideen und Unternehmen für die Transformation der Wirtschaft.

  • Das 9€-Ticket stellt nicht nur eine Entlastung der Bürgerinnen und Bürger hinsichtlich der Mobilitätskosten dar. Es war auch ein Angebot zur Mobilitätswende. Von verschiedener Seite wird es daher als Erfolg bewertet. Die Verkehrsverbünde und -Unternehmen sollten in die Lage versetzt werden, ein Nachfolgemodell zu organisieren.

 

Handlungsfähigkeit von Städten und Gemeinden schützen

  • Die Stadtwerke sind nicht nur in Herne, aufgrund der zahlreichen Querfinanzierung das Rückgrat der kommunalen Daseinsfürsorge. Bereits die Auswirkungen des Kohleausstiegs haben die Stadtwerke vor erhebliche Probleme gestellt und das auf einem Energiemarkt, der ohnehin in Bewegung ist. Mit den vielfältigen Auswirkungen der jetzigen Gas- und Energiepreiskrise kommen weitere Belastungen auf die Stadtwerke zu. Hier braucht es einen Schutzschirm, der die Stadtwerke und damit die kommunale Daseinsvorsorge schützt. Ein enger und regelmäßiger Austausch zwischen Stadtwerke und Kommune gehört selbstverständlich dazu, damit beide Seiten immer bestens über die derzeitige politische und energetische Lage informiert sind. Die Stadtwerke müssen auch von Seiten der Politik für den kommenden Herbst gestärkt werden.

  • Auch die Städte und Gemeinden sind in den vergangenen Jahren durch Krisen gebeutelt worden. Die kommunalen Haushalte stehen vor enormen Herausforderungen. Für die Handlungsfähigkeit von Städten wie Herne, die bereits seit Jahrzehnten in der Haushaltssicherung sind, werden die neuen Belastungen fatale Folgen haben, wenn keine effektive Hilfe geboten wird. Die vollständige Übernahme der „Kosten der Unterkunft“ (KdU) vor dem Hintergrund der massiv gestiegenen Energiepreise sowie die Umsetzung einer Altschuldenlösung sind unverzichtbare Schritte.

  • Herne hat sich, wie das gesamte Ruhrgebiet in den letzten Jahren auf einen Weg begeben, der die Region zu alter wirtschaftlicher Stärke führen und weniger abhängig von Transferleistungen machen soll. Der Weg zur grünsten Industrieregion der Welt. Dieser Weg wird auch dahin führen, unsere Region widerstandsfähiger gegen Krisenfolgen zu machen. Auf diesem Weg sind jedoch noch einige Schritte zu gehen. Auch aus diesem Grund ist eine aktive Unterstützung der Kommunen und ihrer „Organe“ wie etwa die Stadtwerke unerlässlich!

  • 80% der Herner Wohnungen sind in privater und nicht öffentlicher Hand. Viele Altbauten werden in Herne mit Gas versorgt. Dies hat zur Folge, dass sich betroffene MieterInnen mit der Gasumlage befassen. Die Herner Wohnungsunternehmen haben ihre Miete in Form von Broschüren bereits in großem Teil über die jetzige Lage informiert. Der Anstieg der Mietausfälle wird größer, dadurch droht den Wohnungsgesellschaften und den privaten Vermietern Liquiditätsprobleme. In Folge dessen werden nicht nur Neuentwicklungen und Sanierungen, sondern auch die bloße Existenz gefährdet. Daher braucht es nicht nur einen Schutzschirm für MieterInnen, sondern auch für die Wohnungsgesellschaften und der privaten VermieterInnen. Es bedarf zudem einer Anpassung des Mietrechts, damit nicht durch ausbleibende Mietzahlungen, unmittelbare Verlust der Wohnung eintritt.

  • Durch die Energiekrise sind auch das Gastgewerbe und Handwerkerbetriebe betroffen. Hier können die Unternehmen – ähnlich wie in der Corona Krise – unter einem Insolvenzschutzschirm kommen, wenn sich durch die steigenden Energiekosten Zahlungsprobleme einstellen.

 

Zur Bewältigung der Krise brauchen wir diejenigen, die mehr haben

  • In Zeiten der Krise wird ein starker Staat gebraucht, der den Zusammenhalt letztendlich auch finanzieren kann, der dafür sorgen kann, dass die Gesellschaft nicht auseinander fällt. In dieser Situation werden diejenigen gebraucht, die viel haben oder die durch die aktuelle Krisensituation sogar profitieren. Eine Luxussteuer sowie ein Energie-Soli für Menschen in unserer Gesellschaft, die mit wenigen Problemen durch diese Krise kommen, sind unserer Einschätzung nach Werkzeuge, die die Solidarität der Gesellschaft sicherstellen können. Wir schließen uns darüber hinaus der Forderung nach einer Übergewinnsteuer an.

 

Gewerkschaften, Sozialverbände, und soziale Anlaufstellen brauchen mehr Unterstützung!

  • Wegen der gestiegenen Lebensmittelpreise sind immer mehr Menschen auf die Hilfe der Tafel angewiesen. Derzeit bedienen sich rund 2500 Menschen in Herne an der Versorgung der Tafel. Die Herner Tafel steht daher unter enormen Druck. Neben der bereits gestiegenen Hilfe aus der Bevölkerung in Form von Geld, Lebensmitteln und ehrenamtlichen Engagement ist nun auch staatliche Hilfe in Form von finanzieller Unterstützung erforderlich, damit unter anderem der Logistikbetrieb der Herner Tafel aufrecht erhalten kann.

  • Gerade in Herne und insgesamt im Ruhrgebiet ist auch ein Großteil der ArbeitnehmerInnen auf zusätzliche Hilfe vom Staat angewiesen. Daher steigt auch in dieser Bevölkerungsgruppe die Sorge darüber, ob man die steigenden Energie- und Lebensmittelkosten tragen kann. Daher braucht es eine klare Zusage vom Land, dass eben die Versorgungssicherheit dieser Menschen sichergestellt werden kann und Sozialleistungen angepasst werden.

  • Die Verbraucherzentrale ist meistens eine der ersten Anlaufstellen für BürgerInnen. Derzeit kann eine Aufklärungsarbeit bei der Verbraucherzentrale bis zu 8 Wochen in Anspruch nehmen. Es braucht also mehr Aufklärung der Menschen in einfacher Form und leichter Sprache wie Flyern und Plakaten.

 

Hendrik Bollmann     Udo Sobieski              Alexander Vogt          Michelle Müntefering