Warum die SPD Herne vorerst nicht mehr bei Amazon bestellt
Wer heute etwas im Internet bestellt, tut dies meist über Amazon. Im Jahr 2021 lag der Anteil Amazons am Gesamtumsatz des Online-Handels in Deutschland bereits bei knapp 60 %. Dafür gibt es durchaus gute Gründe: Der Einkauf über Amazon ist schnell und bequem. Auch die SPD Herne hat daher in der Vergangenheit Material über Amazon gekauft. Das soll nun beendet werden. Auf dem letzten Parteitag wurde ohne Gegenstimmen beschlossen, keine Bestellungen mehr bei Amazon vorzunehmen, bis das Unternehmen die grundlegenden Arbeitnehmer*innenrechte gewährleistet und einen flächendeckenden Tarifvertrag zu Arbeits- und Lohnbedingungen als auch betrieblichem Gesundheitsschutz mit Ver.di abgeschlossen hat.
Wir sehen uns in der Verantwortung
Mit diesem Beschluss kritisieren wir die Unternehmenspraxis Amazons und stellen uns der besonderen Verantwortung, die wir als Partei der Arbeiter*innen tragen. Nicht aber kritisieren wir die Kund*innen, die dort ihre Einkäufe tätigen. Eine naive Konsumkritik lehnen wir als neoliberale Ideologie der „Eigenverantwortung“ ab. Im Kampf um Arbeitnehmer*innenrechte ist kollektives Handeln gefragt. Hier ist also die Politik in der Verantwortung, Amazon zur Einhaltung dieser Rechte zu zwingen. Denn die Geschichte Amazons ist eine Geschichte des Kampfes gegen die Rechte der Arbeiter*innen. Während der Coronapandemie trat dies besonders deutlich zu Tage. Während die Kund*innen im Homeoffice saßen und sich beliefern ließen, waren Corona-Ausbrüche in den Amazon-Lagerhäusern an der Tagesordnung. Während vielerorts eine Maskenplicht eingeführt wurde, verbot Amazon vielerorts den Angestellten das Tragen einer FFP2-Maske oder zog erforderliche zusätzliche Pausen von der Arbeitszeit ab.
Amazon beutet Arbeitnehmer*innen auf der ganzen Welt aus
Bereits in der Vergangenheit gab es Berichte darüber, dass die Arbeiter*innen angesichts zu kurzer Pausenzeiten und zu hohem Leistungsdruck in Flaschen urinieren mussten. Dass Amazon die Gesundheit und Würde seiner Arbeiter*innen mit Füßen tritt, wird immer wieder deutlich: Anstatt seinen Angestellten eine gute Gesundheitsversorgung zu finanzieren, hat das Unternehmen etwa in amerikanischen Lagerhäusern Automaten zur Ausgabe von schweren Schmerzmitteln aufgestellt, die in Deutschland verschreibungspflichtig wären, damit die Angestellten bis zu ihrem Zusammenbruch ausgebeutet werden können. Gerade angesichts der Opioidkrise in den USA ist dies an Zynismus kaum zu überbieten. Das System ist auf Verschleiß angelegt: Massenhaft werden Arbeitskräfte angeworben, für einige Jahre bei geringem Lohn und ohne Absicherung ausgebeutet und anschließend ausgespuckt. In den Lagerhäusern herrscht eine hohe Fluktuation. Wer nicht mehr mithalten kann, muss gehen. Für die gesundheitlichen Folgen gibt es keine Absicherung. Organisieren Arbeiter*innen Streiks gegen dieses System oder versuchen sie sich gewerkschaftlich zu organisieren, so geht Amazon hart gegen sie vor. Organisator*innen werden bespitzelt, massiv unter Druck gesetzt und gefeuert. Auch scheut Amazon sich nicht, ganze Logistikzentren zu schließen und zu verlegen, um Streiks zu brechen.
Dennoch gelang es Lagerarbeiter*innen in den Vereinigten Staaten im April 2022, grundlegende Arbeitnehmer*innenrechte zu erkämpfen. Nur wenige Tage später setzte Amazon seine Bemühungen, die Gewerkschaft ALU (Amazon Labor Union) zu diskreditieren, fort.
Angesichts dieser Zustände nimmt der Widerstand der Arbeiter*innen stetig zu. Auch international vernetzen sich die Angestellten von Amazon immer weiter, um Erfahrungen im Arbeitskampf auszutauschen und sich gegenseitig zu unterstützen, entgegen dem Ziel von Amazon, die Angestellten gegeneinander auszuspielen.
Chef von Amazon ist heute einer der reichsten Menschen der Welt
Während die Arbeitnehmer*innen noch für ihre grundlegenden Rechte kämpfen müssen, konnte Amazon durch sein rücksichtsloses Vorgehen in den vergangenen Jahren seine Marktmacht als Quasi-Monopolist weiter ausbauen. Jeff Bezos, der Gründer von Amazon, ist heute mit 177 Milliarden US-Dollar einer der reichsten Männer der Welt. Statt seinen Angestellten, die sein Vermögen erwirtschaften, einen auskömmlichen und würdigen Lohn zu zahlen, träumt er aktuell von Reisen auf den Mars und finanziert sich sein eigenes Raumfahrtprogramm.
Wir unterstützen als Partei den Arbeitskampf für mehr Rechte für Arbeitnehmer*innen
Wir unterstützen daher den Arbeitskampf der Amazon-Beschäftigten und ihre Forderung nach gewerkschaftlicher Organisation. Als Partei der Arbeiter*innen können und dürfen wir nicht ausblenden, dass Amazon systematisch versucht, Arbeiternehmer*innenrechte zu untergraben und auszuhöhlen. Daher haben wir beschlossen keine Anschaffungen mehr über Amazon zu tätigen, bis die Forderungen der Beschäftigen erfüllt sind.