Im Rahmen des Tags der Bildungshelden am 13.02. hat die NRWSPD den KeKiz-Preis ausgerufen. Der Preis richtet sich an diejenigen, die sich ganz besonders für Kinder einsetzen, die in herausfordernden Lagen und Gegenden aufwachsen. Siggi Bender aus Duisburg ist einer von ihnen.
„Wir sprechen die gleiche Sprache”, erklärt Siggi Bender auf die Frage, warum er so gut mit Kindern arbeiten könne, schmunzelnd ergänzt er: „Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich selbst im Geiste noch ein Kind bin.” Wer jetzt denkt, in Bender einen studierten Sozialpädagogen vor sich zu haben, hat weit gefehlt. Der 66-jährige Rentner hatte schon viele Berufe – Maschinenschlosser, Zimmermann, Polizist, einen Studienabschluss in Industrial Design und Ausbildungs- und Supportleiter für 3D-Computergrafik, aber sein pädagogisches Talent lebt er ausschließlich im Ehrenamt aus. Seitdem er 1988 nach Duisburg gezogen ist, ist er als Trainer für Leichtathletik und Kinderturnen im SG Duisburg-Süd aktiv. Dort engagiert er sich auch als Geschäftsführer.
Nominiert für den KeKiz-Preis
Eine, die von Siggi Benders Engagement profitiert hat, ist Inga Heidelberg. Sie hat ihn für den KeKiz-Preis der NRWSPD nominiert. Als Heidelberg drei Jahre alt war, hat sie selbst einen der Kinderturnkurse besucht. Sie sagt, sie sei ein zurückhaltendes Kind gewesen, die laute Turnhalle habe sie eingeschüchtert. Doch Benders „frohes und strahlendes Wesen“ habe sie ermutigt, sich an dem Kurs zu beteiligen.
Die Sportkurse im Duisburger Verein haben Inga Heidelberg geprägt: aus der ersten Begegnung wurde Leidenschaft und daraus ihre Profession. Mittlerweile ist sie Sportlehrerin: „Ich hoffe, dass ich die gleiche Begeisterung an meine Schülerinnen und Schüler weitergeben kann!“ Ihre berufliche Laufbahn rechnet sie auch den Trainerinnen und Trainern ihres Sportvereins zu, in dem sie nach dem Kinderturnen vor allem Fußball gespielt hat. Heute sagt sie: „Ich wäre diesen Weg sonst nicht gegangen. Ein Kind braucht Vorbilder und genau die habe ich hier gefunden.“ Siggi Bender ist eines der Vorbilder. Was ist sein Geheimnis?

Rechnen am Reck
An den Nachmittagen in der Sporthalle geht es um mehr als sportliche Leistung – einmal habe er beim Turnen Mathe-Aufgaben gerechnet. Siggi Benders Philosophie reicht aber über Rechnen und Reck hinaus: Er sagt, es sei wichtig, Kindern nicht zu sagen, was sie tun müssen, sondern ihnen Wege aufzuzeigen, die sie gehen können. Und damit Kinder diese Wege gehen können, brauchen sie vor allem eins: Stolz.
Er will den Kindern die Erfahrung ermöglichen, Stolz zu empfinden – Stolz auf ihre Persönlichkeit und ihre Einzigartigkeit. Er sagt: „Kinder sollen sich viel zutrauen im Wissen ,Ich schaffe das schon’.” Wichtig sei aber auch, sich mit anderen abzustimmen, um Einzigartigkeiten der anderen zu erfassen und für sich zu erkennen: „Ich kann dem Ganzen etwas geben”. Fragt man Inga Heidelberg nach dem Geheimnis von Benders Turnkursen, findet sie schnell eine Antwort: „Er lobt und ermuntert die Kinder und gibt so jedem das Gefühl, etwas Besonderes zu sein.“ Den Erfolg könne man den Kindern vom Gesicht ablesen, erklärt Heidelberg: „Die Kinder strahlen, weil sie die eigenen Grenzen überschreiten. Siggi reicht ihnen die Hand und leitet sie gleichzeitig zur Selbstständigkeit an. Freiheiten aufzeigen und Halt geben. Das ist sein Prinzip!“
Glänzen und strahlen
Widerspricht das nicht dem Wettbewerbsgedanken im Sport? Siggi Bender verneint: „Für mich ist es immer wichtig, dass es um Gemeinschaft geht.” Inga Heidelberg stimmt zu: Wenn Siggi Bender in der Halle stünde, würde auch dem letzten klar, dass man sich vom Bild des strengen Übungsleiters schnell verabschieden könne. Der Trainer selbst fasst seinen Ansatz schmunzelnd zusammen: „Sich glänzend ergänzen”.
Glänzen und strahlen – stolz sein auf die eigenen Fähigkeiten und Einzigartigkeit. Darum geht es dem Sporttrainer und darum, dass Kinder ohne Grenzen aufwachsen. „Eigentlich gibt es nur ganz wenige Grenzen und die meisten entstehen im Kopf oder durch die Erwachsenen”, erklärt Bender. Kinder sollten ohne Ängste aufwachsen, vor allem nicht mit solchen, die sie selbst nicht hätten. „Man darf kleine Menschen nicht noch kleiner machen, denn man kann nicht aufrecht gehen, wenn man sich beugt”, sagt Bender, da spricht der Sportler aus ihm. Dass sich das Engagement lohnt, muss er nicht bezweifeln: Die Wartelisten für den Verein sind lang. In der Kita würde man beneidet, wenn man einen Platz in den beliebten Kinderturngruppen bekommen habe, sagt Inga Heidelberg. Für Bender zählt etwas anderes als die Mitgliederzahlen: „Kinder sind die Basis der Gesellschaft. Aus ihnen entwächst alles. Deshalb ist es so wichtig, dass wir ihnen alle Möglichkeiten eröffnen. Möglichkeiten zu verschließen ist leicht, sie zu eröffnen ist viel schwieriger.”
Auch für Sportlehrerin Inga Heidelberg steht außer Frage, dass die Turnhalle ein wichtiger Bildungsort ist. Energisch erklärt sie: „Die Kinder lernen viel mehr als in der Schule. Sie lernen Selbstverantwortung, aber auch eine Verantwortung dafür, auf die anderen Kinder zu achten. Sie lernen das gemeinsame Miteinander, dass man gemeinsam auf- und abbaut. Und das wichtigste: Selbstbewusstsein.“ Gerade für die Kinder der Corona-Generation sei es wichtig, miteinander in Kontakt zu kommen. Eines der Kinder ist Heidelbergs Tochter. Diese besucht nun eine der Turngruppen, dreißig Jahre nach ihrer Mutter. Und der Trainer ist natürlich Siggi Bender.